"Vor 150 Jahren galt das gemalte Porträt noch als Muss im großbürgerlichen Heim. Seitdem hat die bildliche Darstellung des Gesichts und ihre Wahrnehmung mit dem Aufkommen der analogen und später digitalen Fotografie sowie der Verbreitung über Zeitungen und Magazine bis hin zum Internet eine Wandlung erfahren. Überall sehen wir Gesichter, aber wo ist das Porträt? Die im klassischen Stil produzierten Porträts, welche noch immer die Wohnhallen und Arbeitsräume von Machthabern schmücken, wirken inzwischen eher antiquiert und amüsant." (Stefan Sandrock) "Das Oxford Dictionary hat 'Selfie' zum Wort des Jahres 2013 gewählt. Gemeint sind damit die Abermillionen von Selbstporträts, die täglich ins Netz gespült werden. Dieser Katalog entstand anlässlich der Ausstellung '53 Portraits von Stefan Sandrock'. Zu dieser lud gleichnamiger Künstler eine stattliche Zahl von Kollegen ein, bitte ein Porträt von Stefan Sandrock abzugeben. Die eingereichten Werke unterscheiden sich erheblich, da einzelne Künstler neue Werke für diese Ausstellung anfertigten, im Bemühen, Herrn Sandrock tatsächlich zu porträtieren, andere wiederum auf bereits bestehende Bilder zurückgriffen, die zu diesem Zweck umetikettiert wurden. So ist diese Drucksache wie auch die Ausstellung in erster Linie eine soziologische Grabungsstelle, da sich anhand der eingereichten Arbeiten und der Kombination von beteiligten Personen das Tun und Treiben sowie die sozialen Kontakte, welche Stefan Sandrock im Jahr 2013 pflegte, ablesen lassen. Auch der derzeit waltende Grad der ironischen Distanzierung von solcherlei Auftragsarbeiten und eine matte, aber immerfort mitlaufende Spaßbereitschaft der mehr oder weniger erfolgreich tätigen Künstler lässt sich erkennen. Womöglich kann man Stefan Sandrock als typische Figur einer Generation von Künstlern betrachten, deren Charakteristika etwa wie folgt zu beschreiben wären: umtriebig, allerorten anzutreffen (Tag und Nacht), im höchsten Maße und auf allen Kanälen (virtuell wie real) kommunizierend, deshalb gut informiert, was wiederum einer abgeklärten, um nicht zu sagen abgefuckten Haltung gegenüber gesellschaftspolitischen Themen inklusive des eigenen Fortkommens als Künstler Vorschub leistet. Die Interessenlage ist zerstreut." (Nora Sdun)