Etwas erschrocken bleibe ich vor dem Trampelpfad stehen, der eine minimale Abkürzung zum Sky markiert und schön gewunden den rechten Winkel der Bordsteine negiert. Aber heute geht das nicht. Da sitzen zwei Bauarbeiter unter einem Langnese-Schirm und gipsen den Pfad aus, ganz ordentlich machen sie das und in aller Seelenruhe, während ich mit einigen anderen Supermarktbesuchern etwas empört vor »unserem« Weg stehe. Jetzt auch das noch, machen sie uns diese subtile Grenzüberschreitung im Alltag zunichte. Nicht, dass man sich dabei irgendwie widerständig vorkommen würde, eine Abkürzung zum Supermarkt zu nehmen, aber es ist doch eine kleine Befriedigung, da seine Spuren zu hinterlassen und eben nicht die unnötige Ecke zu umwandern. Auf dem Asphalt bleibt ja nichts zurück von den vielen Malen, die wir zum Sky gegangen sind. Es gibt ein japanisches Sprichwort, das besagt, man solle auf die Spuren im Schnee warten, bevor ein Weg angelegt wird, weil es nun mal unendlich viele Bedingungen gibt, die mit dem bloßen Auge nicht zu sehen sind und die sich nur im offenen Gruppenprozess heraus finden lassen. Vor dem Supermarkt liegt ein Stückchen Stanniolpapier. Es ist irgendwie eingerollt und hat auf der einen Seite eine Druckstelle von einem Daumen oder so. Es sieht ziemlich kostbar aus. Vorsichtshalber stecke ich es zu meinen drei anderen Hosentaschenobjekten. Zu Hause gibt es schon eine recht ordentliche Sammlung. Sie sind durch den Zufall, den Gebrauch oder das nervöse dran Herumdrücken zu eindrücklichen kleinen Skulpturen geworden. Einige haben aus Versehen Kontakt zu Maschinen gehabt, sind in einen Rasenmäher geraten oder das Wetter hat sie durch immer neue Aggregatzustände getrieben. Manche sind so gut, dass sie in Bronze gegossen werden, um das Material in seiner Bewegtheit in der Zeit zu verlangsamen. Überhaupt ist es schade, dass sich manche Dinge einfach nicht aufhalten lassen, in ihrem Verwittern. Dass sie abgerissen werden, wenn sie gerade am schönsten sind. Plakate zum Beispiel. Diese hier sind in Sicherheit gebracht. Da sind alle Ecken und Winkel und Falten poliert. Es ist eigentlich nichts mehr da von der Funktion, außer ihrer Form. Es macht mir ziemlich Freude, alles wegzuschleifen, was aus den Oberflächen Informationen macht, um zu schauen, was darunter liegt. (Lily Wittenburg)