Wir kennen diese Städte, ohne je dagewesen zu sein. Wir kennen ihr Image, ihre Eigenschaften als Bühne für mondänes Leben, für Glamour, Politik, Wirtschaft oder Katastrophe. New York, Tokio, Istanbul. Die bloße Nennung genügt, um vorgefertigte Bilder in uns wie Hefeteig aufgehen zu lassen. Per Schumann zeigt in diesem Band Fotografien solcher Großstädte, jedoch mit der Distanz der Unschärfe. Mit jenem Stilmittel der Fotografie also, das schon im 19. Jahrhundert dafür sorgte, dass statt Eindeutigkeit romantische Diffusion vorherrschte, die dem Unbestimmten den Weg zum Unendlichen verhieß. Und dort im Unendlichen und Unbestimmten, im uferlosen Pool der Ahnungen belässt Per Schumann auch die metropolen Stereotypen. Statt den bekannten Avenues, Wahrzeichen und Mulitkulti-Impressionen spielen in Schumanns Bildern kleine, aus Steinen zusammengetragene Gebilde die Hauptrolle. Wie ein unvermutetes Echo aus der Megalith-Kultur, ihrer oft pyramidial himmelwärts weisenden Architekturen errichten sie sich auf Dächern, Geländern oder Straßen, um von hier aus den Blick auf ihre urbane Umgebung freizugeben. Doch anders als ihre fernen Verwandten nisten sie sich im Kultur- statt im Naturraum ein. Und anders als diese erscheinen sie regelrecht geschrumpft. Die Megalith- hat sich hier in eine Mikrolithkultur verwandelt. Per Schumann sammelt vor Ort jene kleinen Steinchen auf, die stets überall zu finden sind (.) Gemessen an der Weite und der Größe von Erde und Kosmos handelt es sich bei diesen archaischen Architekturen um Winzigkeiten. Erst mit den Steinen, den großen wie den kleinen, wird Umwelt zur menschlichen, das heißt erfahrbaren Größe. (Wolf Jahn)