Hg. Sabine Weingartner
Das Buch "Paradiessprache" ist ein experimentelles Gemeinschaftsprojekt von jungen Künstlern und Geisteswissenschaftlern aus München. Im Raum und zur Debatte stand der sprachphilosophische Begriff der ‚Paradiessprache’. So unterschiedlich die Disziplinen und ihre Methoden auch sind, so gründlicher wurden die Grenzen zwischen ihnen letztendlich verwischt. Dabei entstanden Bilder und Texte, die sich dem Begriff – lose im Buch verbunden – auf verschiedene Art und Weise annähern. Die Paradiessprache ist ein utopischer Entwurf, der das disparate Moment der Sprache auszuklammern oder eben gerade einzuschließen weiß. Mit dem Nachdenken über das Wesen der Sprache und ihre Unzulänglichkeiten landet man schnell bei ihren Anfängen und damit auch bei den Fundamenten des Denkens und der Welt. (.) Das Chaos als Grenzbegriff und als ständige Bedrohung des Logos: Etwas sagen bedeutet, ein Wort mit der Kelle aus dem großen unterschiedslosen Brei herauszustechen, Grenzen abzustecken, Scheidewände aufzubauen – die Fronten zu klären. Das klingt beinahe nach Kriegsschauplatz und tatsächlich wurde in diesem Kampf schon so manche Niederlage erlitten. Denn ist es nicht dieselbe ungeordnete Mannigfaltigkeit, das Staunen über die Welt, die zum Beispiel Hofmannsthals berühmten Lord Chandos verstummen lässt? Dem die Worte angesichts der ständigen Bedrohung bekanntermaßen im Munde zerfallen „wie modrige Pilze“? (.) Als Sprachwesen sind wir der dinglichen Welt stets entgegengesetzt. Anstatt Erkenntnisgewinn ereignet sich oft genug ein sprachliches Verwirrspiel. In dem Bemühen, uns auszudrücken, stoßen wir an Grenzen oder laufen sogar Gefahr, den Verlust der Sprache zu erleiden. Sprachverlust angesichts dessen, was uns äußerlich gegenübersteht, oder dessen, was uns innerlich erfüllt. Beim Sprechen geht es stets darum, Grenzen zu ziehen – schwierig wird es, wenn man versucht, auf Gebieten Grenzen zu ziehen, die eigentlich grenzenlos sind – betreffend des Universums, eines Gefühls, einer Stimmung. Dagegenhalten lässt sich, dass unser Spektrum an Ausdrucksmöglichkeiten gewaltig ist, denn schlussendlich kann alles Ausdruck sein – ein Gemälde, eine Zeichnung, eine Handlung, ein Gedicht, eine Computergrafik, ein Stück Musik. Auszüge aus dem Essay „Paradiessprache. Eine begriffliche Annäherung“ von Sabine Weingartner