Hg. Ingo Vetter +
Wie entstehen Kunstwerke und insbesondere monumentale Skulpturen der globalen Ausstellungsmaschinerie von Biennalen und Großausstellungen heute? Dies war die Ausgangsfrage des Projektes »Künstlerische Materialien und Produktion in der Globalisierung« an der Hochschule für Künste Bremen.
Die Recherche begann mit dem Hinterfragen der eigenen Praxis in den Studios und Werkstätten der Hochschule, führte zu den Mega-Ateliers von Joep van Lieshout oder Olafur Eliasson und schließlich nach Thailand, Vietnam, Hongkong und Südchina, um Produktionsstätten zeitgenössischer Kunst zu besuchen. Besonders interessierten uns hier Orte, an denen im globalen Kunstbetrieb agierende KünstlerInnen ihre Werke für internationale Ausstellungen realisieren lassen.
Wir dokumentierten die Werkstätten, sprachen mit den LeiterInnen, MitarbeiterInnen und anwesenden KünstlerInnen und fragten nach Kommunikationsformen, Entscheidungsprozessen und Übersetzungsproblemen.
Diese Publikation stellt eine globalisierte Kunstproduktion vor, die nicht nur die Machbarkeitsphantasien vieler KünstlerInnen und deren AuftraggeberInnen beflügelt, sie verändert auch die Kunstwerke selbst und deren Bedeutung. Die Umsetzung von Kunstwerken in den Werkstätten der Welt erfordert ständige Übersetzungen der Kommunikation, des Kunstverständnisses oder der Inhalte. Damit kommt den Orten bzw. Produktionsstätten letztlich eine wichtigere Rolle zu, als dies ursprünglich gedacht war.
Die materielle Sicht auf die Produktion der Kunst ermöglicht Fragen nach Arbeitsbedingungen, Ökonomie und Distribution, aber auch Veränderungen im Künstlerbild und letztlich den Herausforderungen einer heutigen Kunstausbildung.
Die Publikation ist auch ein Selbstversuch: Wir schickten unsere Texte und Bilder nach Bangkok und dort übernahm Practical Design Studio alle Entscheidungen für die Gestaltung und Produktion. Der Grafiker und Dozent Santi Lawrachawee beschreibt in einer Timeline die Kommunikation und den Werdegang des Buches.
Zusätzlich zu den Besuchen der Produktionsstätten, führten wir Interviews und Gespräche mit Bruce Bo Ding, PR-Manager und Kulturarbeiter in Shenzhen bzw. Shanghai; dem Künstler Thomas Eller, reisend zwischen Berlin und Beijing; der schwedischen Künstlerin Maria Miesenberger, die schon seit mehr als 15 Jahren in Thailand ihre Skulpturen produzieren lässt; der Berliner Künstlerin und Autorin Veronika Radulovic, die für mehr als 10 Jahre an der Vietnam University of Fine Arts in Hanoi unterrichtete; der thailändischen Künstlerin und Dozentin Wantanee Siripattananuntakulan an der Silpakorn University in Bangkok und Pauline J. Yao, Kuratorin für zeitgenössische asiatische Kunst am M+, dem im Aufbau begriffenen Museum für visuelle Kultur in Hong Kong. Von ihr bekamen wir auch die Erlaubnis für den Wiederabdruck der Einleitung ihres wegweisenden Essays »In Production Mode: Contemporary Art in China«.