Campo Bd. 5
»Die Dinge, die durch den Dunst von gestern
so gewaltig erschienen – Eigentum, Klima,
Erziehung, persönliche Schönheit und anderes
mehr, haben ihre Verhältnisse merkwürdig
verändert. Alles, was wir für fest hielten,
schwankt u. klappert …«
“The facts which loomed so large in the fogs of
yesterday,—property, climate, breeding, personal
beauty, and the like, have strangely changed their
proportions. All that we reckoned settled shakes
and rattles …”
Ralph Waldo Emerson (zitiert von / quoted by Robert Musil)
In ihrem Videofilm smashed to pieces … (2018) zeigt die Wiener Künstlerin Claudia Märzendorfer die Zerlegung eines Klaviers in einem konzentrierten Live-Act, an dem acht Personen, Werkzeuge, ein Gewehr und ein Motorrad beteiligt sind. Im Gegensatz zu den zahlreichen Klavierzerstörungen – ein seit dem 19. Jahrhundert spezielles Sujet von Comedy bis zur Wiener Gruppe oder Fluxus – führt bei Märzendorfer der destruktive Akt zu stets neuen starken und überraschenden Bildfindungen und Tableaus. Durch die 1:1 Projektion auf den Boden wird es dem Publikum zudem möglich, das Geschehen quasi abstandslos zu verfolgen. Der von Märzendorfer in den Wiener Prater Ateliers aufgenommen Film wurde 2018 zum ersten Mal anlässlich ihrer von singuhr – projekte veranstalteten Einzelausstellung de-composition im Meinblau Projektraum in Berlin gezeigt.
Die von Carsten Seiffarth herausgegebene Publikation präsentiert Märzendorfers Film als Daumenkino in direkter Nachbarschaft zu einem kunsthistorischen Essay von Michael Glasmeier. Das Buch markiert den Versuch, Kunstwerk und Bilddenken, Filmzeit und Lesezeit, Gegenwart und Geistesgeschichte in unmittelbaren Nachbarschaften reflektieren zu können.